Die Ministerin und ihr Terminkalender
Ich hatte gegen das “Ministerium für Bildung und Kultur” geklagt. Die Hintergründe hatte ich hier und hier schonmal aufgeschrieben. Nochmal kurz zusammengefasst:
- In einer Demokratie ist es zwingend nötig, dass Bürger*innen sich ein objektives Bild von der Arbeit der gewählten Vertreter*innen machen können. Dass Politiker*innen sich selbst ein gutes Zeugnis ausstellen und damit alles gut ist, ist keine Option. In jedem anderen Kontext erscheint diese Idee vollkomen absurd: “Nein Herr Lehrer, ich zeige Ihnen meine Hausaufgaben nicht. Aber ich habe sie gemacht und sie sind toll. Und ich will jetzt eine Eins mit Sternchen dafür!”
- Es geht hier nicht um meine persönlichen Wunschvorstellungen oder Phantasien, sondern um ein ganz konkret existierendes Gesetz: Das Informationsfreiheitsgesetz (IFG) gibt Bürger*innen das Recht, Dokumente einzusehen, die Behörden vorliegen.
- Im Detail gibt es natürlich Ausnahmen und genaue Regeln. Für uns ist nur folgendes wichtig: Berufliche Terminkalender von Minister*innen fallen unter das IFG. Wir haben das Recht zu wissen, womit gewählte Politiker*innen ihren Arbeitstag verbringen.
- Im Zuge der “Corona-Winterwelle 2021” wollte ich mir ein Bild davon machen, wie die Kultusministerin sich vorbereitet hatte. Schulen spielen ja eine entscheidende Rolle beim Infektionsgeschehen. Ich hatte also den Terminkalender der Ministerin für einen Zeitraum von ca. 6 Wochen angefragt.
- Eine Ausnahme für die Herausgabe eines Terminkalenders sind Sicherheitsbedenken: Es ist plausibel, dass man für manche hochrangige Politiker*innen zukünftige Termine nicht öffentlich machen will. Exakte Informationen könnten dazu genutzt werden, Anschläge vorzubereiten.
An welche Politiker*innen hast du bei “Anschlägen” gerade gedacht? An die saarländische Kultusministerin? Sie selbst zählt sich zumindest zum Kreis der gefährdeten Personen. Sogar so gefährdet, dass selbst vergangene Termine ein Risiko darstellen. Falls du denkst, ich würde übertreiben, kannst du die offiziellen Antworten auf FragDenStaat nachlesen.
Um es kurz zu machen: Nach einigem Hin und Her hatte ich auf Herausgabe des Terminkalenders geklagt. Um ein Verfahren zu vermeiden, hat das Ministerium einen teilweise geschwärzten Kalender angeboten. Dieses Angebot habe ich akzeptiert, u.a. weil das Ministerium damit alle Kosten trägt. Inklusive die meines Anwalts.
Ja, du hast das richtig verstanden: Das Ministerium bezahlt mit unseren Steuergeldern meinen Anwalt, weil das Ministerium sich nicht an geltendes Recht halten will.
Der Ergebnis kannst du dir jetzt hier anschauen. Mach dir einfach selbst ein Bild davon, wie ungern die Ministerin Details ihrer Arbeit preisgibt. Oder welch’ unglaublichem Risiko sie ausgesetzt ist. Je nachdem, wie du es sehen willst.
Das war’s noch nicht ganz. Ich hätte noch eine kleine Pointe!
Ich hatte nicht nur den Kalender der Kultusministerin angefragt, sondern auch den von Tobias Hans. Die Staatskanzlei hatte die Anfrage (vermutlich bewusst) falsch verstanden und mir die öffentlichen Termine aller Mitglieder der Regierung geschickt. Dazu gehören natürlich auch die Termine der Kultusministerin. Und siehe da:
Die Staatskanzlei hat mir schon im Dezember 2021 Informationen zur Verfügung gestellt, die im August 2022 noch immer vom Kultusministerium aus Sicherheitsgründen geschwärzt werden. Hier nur ein Beispiel vom 4. Oktober 2021:
- Terminkalender: “Schulbesuch anlässlich Rollout LSMS mit Herrn LR Sören Mang”
- Staatskanzlei: “Besuch der Alex-Deutsch-Schule zum Rollout LSMS (Ausstattung mit Laptops) Ort: Alex-Deutsch-Schule Wellesweiler, Pestalozzistraße 2, 66539 Neunkirchen”
Die Gefahr für die Ministerin ist offensichtlich: Ich könnte jederzeit meine Zeitmaschine anwerfen, zurück zum 3. Oktober 2021 reisen und in aller Ruhe einen Anschlag planen.
Aber seien wir ehrlich: Es geht hier nicht um Sicherheit. Es geht ausschließlich darum, dass Frau Streichert-Clivot mit allen Mitteln verhindern will, dass sich Bürger*innen ein objektives Bild von ihrer Arbeit machen. Das sollten wir nicht zulassen. Menschen mit dieser Einstellung zu unserer Demokratie sollten niemals verantwortungsvolle Positionen besetzen. Und schon gar nicht sollten sie Verantwortung für das Wohlergehen von Kindern und Jugendlichen tragen.